
Persönlichkeiten
Über 25 Jahren am Puls der Fondsbranche: Eine Zeitreise mit Björn Drescher und die überraschende Verbindung zu kleinen Tüten
Herr Drescher, inzwischen sind es über 25 Jahre Drescher & Cie – und nicht alle in der Investmentfonds-Branche, die heute Ihre Formate schätzen, waren von Anfang dabei. Erzählen sie uns ein wenig zur ursprünglichen Idee und wie sie sich bis heute weiterentwickelt hat.
Björn Drescher: Am Anfang stand die Idee eines auf die Fondsanalyse spezialisierten unabhängigen Branchenbeobachters, der seine Expertise und die laufenden Erkenntnisse in Form unterschiedlicher Dienstleistungen vermarktet. In der Stunde null haben wir mit dem „FondsScout“, Deutschlands ältestem Börsenbrief für Fonds begonnen und die Geschäftsfelder „Research“ und „Redaktion“ dann schrittweise um „Veranstaltungsmanagement“ und „Consulting“ erweitert. Immer mit dem Fokus auf Fondslösungen. Meilensteine, die zu unserer Bekanntheit beigetragen haben, sind neben unserem Multi-Media-Portal „fondsplattform.de“ und dem Podcast „Fondsgedanken“ sicherlich die regelmäßigen Roadshows und Konferenzreihen wie das traditionsreiche „Petersberger Treffen“ oder auch der „Sustainability-Congress“.
Sie mittlerweile ein alter Hase, wenn wir das so sagen dürfen. Wie hat sich die Branche von heute von zu damals verändert?
Drescher: Wer sich als Investor und Finanzdienstleister vor 30 Jahren mit Fonds und Börse beschäftigte, galt als Exot. Das hat sich geändert. Die Fondsidee, die uns immer schon fasziniert hat, ist inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und wir sind stolz, einen Beitrag dazu geleistet zu haben. Dass sich die Marktteilnehmer im Zuge dieser Entwicklungen und der fortschreitenden Regulierung professionalisiert haben und auch das Produktangebot weiterentwickelt und verbreitert wurde, liegt in der Natur der Dinge.
“Wir erwarten eine zunehmende Polarisierung der Fondsindustrie: einerseits die wachsende Bedeutung einiger weniger, die Branche dominierender Global Player, andererseits ein lebhaftes Kommen und Gehen unter den kleineren Asset Managern."
Seit ein paar Jahren sprechen wir von Fondsboutiquen - gibt es aber diese spezialisierten Anbieter nicht eigentlich schon viel länger oder ist das doch eine neuere Entwicklung am Markt?
Drescher: Der im Marketing und in der medialen Berichterstattung stereotyp gebrauchte Begriff der „Fondsboutiquen“ ist jünger als die Größe, die Fokussierung und der Qualitätsanspruch einzelner Asset Manager, den er zu beschreiben sucht. Konzernunabhängige, spezialisierte und erfolgreiche Vermögensverwalter gab es, gerade auch im angloamerikanischen Raum, schon lange bevor das Wort bei uns die Runde gemacht hat.
Haben den Boutiquen gegen die großen Asset Manager langfristig überhaupt eine Chance, sich zu etablieren?
Drescher: Ja haben sie. Aber nur dann, wenn sie ihre Profile im Zeitalter fortschreitender Markttransparenz und zunehmender Akzeptanz passiver Anlagestrategien laufend schärfen, innovativ und flexibel sind, tatsächlich Mehrwert spenden und eher früher als später die kritische Masse erreichen. Klein zu sein, allein, macht noch niemanden zur Boutique. Und der Wind bläst scharf von vorn.
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Blicken wir nach vorne: Wie wird es mit der Fondsbranche in den nächsten Jahren weitergehen?
Drescher: Wir erwarten eine zunehmende Polarisierung der Fondsindustrie: einerseits die wachsende Bedeutung einiger weniger, die Branche dominierender Global Player, andererseits ein lebhaftes Kommen und Gehen unter den kleineren Asset Managern, die Nischen für sich zu nutzen suchen und im Erfolgsfall das Interesse der Anleger, zugleich aber auch das ihrer großen Wettbewerber auf sich ziehen. Das Ergebnis wird ein fortlaufender Selektionsprozess sein, der von Übernahmen und Fusionen gekennzeichnet sein wird. Zwischen diesen beiden Segmenten wird die Luft angesichts des vorherrschenden Margen- und Effizienzdrucks sprichwörtlich dünn werden. Da erwarten wir die größten Veränderungen.
Bevor wir zum Abschluss zurück zu dem Drescher & Cie AG kommen, vielleicht noch eine kurze Anekdote aus einem viertel Jahrhundert?
Drescher: Ich erinnere mich daran, dass ein bekannter Vermögensverwalter den angestellten Vergleich mit Boutiquen mir gegenüber in einem Gespräch allein schon von daher unglücklich fand, als er die Boutiqueneinkäufe seiner Frau mit kleinen Tüten und hohen Ausgaben assoziierte.
Und was dürfen darf die Branche in den kommenden Jahren von Ihrem Unternehmen erwarten?
Drescher: Sie dürfen erwarten, dass wir ihnen, wie auch schon in der Vergangenheit, weiter auf unseren Bühnen und in unseren Online-Formaten Visibilität und Gehör neben den großen Marktakteuren verschaffen und ihre Leistungen zu identifizieren und zu würdigen wissen. - Ganz im Sinne unserer Zuschauer und User, die Auswahl und Wettbewerb schätzen.
Vielen Dank für das Gespräch!

Björn Drescher (*1970) studierte nach einer militärischen Laufbahn mit Ernennung zum Reserve-Offizier BWL in Köln und absolvierte eine Ausbildung zum Finanzwirt. Er ist seit mehr als drei Jahrzehnten selbst Fondsinvestor, Branchenbeobachter und Unternehmer. Als Geschäftsführer der in Köln ansässigen DRESCHER & CIE AG verlegt er unter anderem den Blog „Fonds Scout“ und den Podcast „Fondsgedanken“ und rief das Online-Portal www.diefondsplattform.de ins Leben. Er gehört als Mitglied diverser Vorstände, Aufsichts- und Beiräte, aber auch als Berater, Referent, Autor und Kolumnist zu den vielseitigsten und gefragtesten Kennern der deutschen Investmentbranche.