Kolumne
Wie politisch sind Investmentfonds?

Marcel van Leeuwen, Vorsitzender der Geschäftsführung, Senior Partner und Vermögensverwalter in der Deutschen Wertpapiertreuhand. Mehr Informationen gibt es hier.
In Trump’schen Zeiten könnte man meinen, dass buchstäblich alles politisch geworden ist, sogar die Fakten. Das ruft die Frage auf, wie politisch Investmentfonds eigentlich sind. Um diese Frage zu beantworten, gibt es mehrere Ansatzpunkte.
Regelbasiert versus Intuitiv
Eine erste Unterscheidung basiert auf der Skala des “Faktischen” der Investmentlogik. Am einen Ende dieser Skala befinden sich die Investmentlogiken, die regelbasiert und auf der Basis von “Hard Facts” funktionieren. Auf der anderen Seite befinden sich die "diskretionären" Investmentlogiken, die zwar durchaus Fakten berücksichtigen, aber keine vordefinierten und reproduzierbaren Entscheidungsprozesse darstellen. Hier befindet man sich eher im Bereich der freien Interpretation. Es liegt auf der Hand, dass politische Sichtweisen hier schneller Einzug finden können, bewusst oder unbewusst.
Analytisch versus normativ
Je mehr politische Entscheidungsträger - wie zum Beispiel Staatsoberhäupter - den Freiraum haben, extreme und unerwartete Entscheidungen zu treffen, umso stärker werden ihre Entscheidungen Einfluss auf die wirtschaftlichen Entwicklungen und damit auf die Finanzmärkte haben. Dies gilt vor allem für die kurzfristigen Auswirkungen ihrer Entscheidungen.
Investmentlogiken, welche politische Entscheidungen besonders stark einbeziehen - wie zum Beispiel manche Macro-Fonds, Rentenfonds, Währungsfonds, Rohstofffonds oder Hedgefonds -, berücksichtigen die Politik in der Regel auf eine analytische Art und Weise. Wertfrei wird die Frage gestellt, welche politischen Entscheidungen zu erwarten sind und was deren Konsequenzen sein könnten.
Das Gegenteil dazu bilden Fonds, die politisch normativ arbeiten. Heute gibt es nur wenige Fonds, die explizit politisch normativ sind, obwohl einige durchaus implizit politische Präferenzen in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Bei weiterer Politisierung unserer Welt ist es aber nicht ausgeschlossen, dass normative politische Fonds verstärkt auf den Markt kommen.
Ähnlich wie bei Fonds, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind, schließen politisch normative Fonds bestimmte Investmentmöglichkeiten aufgrund von normativen Vorstellungen von vornherein aus.
The Political Party Fund
Dass es sich hierbei nicht nur um eine theoretische Möglichkeit handelt, erkennt man zum Beispiel an den amerikanischen ETFs “The Democratic Large-Cap Core Fund” und “American Conservative Values”. Es ist nicht auszuschließen, dass es ähnlich politisch normative Fonds in Europa geben wird, auch wenn sie möglicherweise tendenziell philosophischer orientiert positioniert werden.
Ähnlich wie bei anderen normativen Ansätzen bietet sich hierbei kurzfristig ein vermuteter Marketingvorteil. Längerfristig wird es interessant, wie die tatsächliche Performance aussieht und wie wichtig diese für die Anleger ist. Wie auch bei nachhaltigen Investments trennt sich in relativen Schwächephasen ganz schnell die Spreu vom Weizen oder - anders formuliert - der Opportunist vom Überzeugungstäter.
Das ist die harte - unpolitische - Realität.